unsere Traumziele

Traumziele Asien

aus unserem Reiseblog:

Reisepause im Regen

Hanoi, Ninh Binh und der Weg nach Süden

Wir haben Hongkong verlassen und landen am späten Abend in Hanoi. Es fühlt sich an, als würde unsere Reise in eine völlig neue Welt eintreten. Die feuchte, warme Luft schlägt uns entgegen, und über der Stadt hängt ein düsterer Himmel, der Regen ankündigt. Genau das Wetter, das man sich nicht unbedingt wünscht – und trotzdem kommt es uns am Ende gelegen.

Als wir unser Ziel erreichen, sind wir überwältigt von der Größe der Royal City. Hier wohnen die Reichen und Schönen - und wir! Unser Appartement in der Royal City, einer gigantischen Wohnanlage im Süden Hanois, ist dementsprechend riesig und komfortabel. Eine Mall, die ihresgleichen sucht, erstreckt sich vier unterirdische Stockwerke tief unter dem gesamten Komplex, verschiedene Supermärkte, Restaurants, Cafés, ein Indoor-Vergnügungspark – die Royal City ist eine eigene kleine Welt. Wir genießen es, nach Wochen in Hotels und Homestays endlich wieder richtig Platz zu haben.

Wir nutzen die Gelegenheit, um ein wenig Bürokram zu erledigen und etwas für die Schule zu tun. Eigentlich wollten wir nur wenige Tage bleiben, die wichtigsten Sehenswürdigkeiten Hanois anschauen und dann weiter nach Süden ziehen. Doch das Schicksal – oder besser: die Taifunsaison – entscheidet anders. Ein weiterer Wirbelsturm kündigt sich an. Und er trifft genau jene Region, die wir eigentlich bereisen wollten: Hue, Hoi An und Da Nang stehen unter Wasser.

Wir verschieben also die Weiterreise, und aus vier geplanten Tagen werden zehn. Eine unerwartete, aber wundervolle Pause.

 

Hanoi – Chaos, Geschichte und Charme

Trotz Regen zieht es uns hinaus in die Stadt. Hanoi ist ein einziges Gewirr aus Motorrollern, Autos, hupenden Taxis und Menschen, die irgendwie immer wissen, wann sie loslaufen müssen. Wir lernen schnell: Man überquert die Straße einfach – langsam, stetig, ohne hektische Bewegungen – und vertraut darauf, dass der Verkehr um einen herumfließt wie Wasser um einen Stein.

Wir besuchen die Train Street, jenen berühmten schmalen Gleisabschnitt, auf dem die Züge im Abstand von Zentimetern an den Häusern und Cafés vorbeidonnern. Wir nehmen Platz in einem Café, trinken kühle Getränke und tatsächlich kündigt ein grelles Klingeln einen Zug an. Jetzt heißt es: ruhig sitzen bleiben. Eine Armlänge entfernt rauscht ein paar Augenblicke später ein langer Personenzug an unseren Tischen vorbei. Reisende winken uns von drinnen zu, und wir können diese Situation kaum begreifen. - Ein völlig skurriler und atemberaubender Moment, an den wir uns noch lange erinnern werden.  

Dann weiter zur Kaiserzitadelle von Thang Long, UNESCO-Weltkulturerbe. Jahrhunderte alte Paläste, Tore und Ausgrabungen erzählen vom vietnamesischen Königreich. Zwischen alten Mauern, ruhigen Innenhöfen und Ausstellungen spürt man eine tiefe historische Würde - ein spannender Kontrast zur modernen Stadt drumherum.

Der nächste Halt ist wohl einer der schönsten Orte Hanois: der Literaturtempel, Vietnams erste Universität. Ein weitläufiger Komplex aus Gärten, Torhäusern und Teichen, in dem seit mehr als tausend Jahren Konfuzianische Weisheit gelehrt wurde. Hier spürt man eine jahrhundertealte Ehrfurcht vor Wissen und Bildung.

Natürlich darf auch das Ho Chi Minh-Mausoleum nicht fehlen. Ein massiver Granitbau, der über einem überdimensionierten Platz thront – streng, monumental, kühl, wo der vietnamesische Nationalheld einbalsamiert im stillen Halbdunkel ruht. Der Besuch ist eine Art Pilgerfahrt zu "Uncle Ho"; so still haben wir selten eine Menschenmenge erlebt.

 


Gleich daneben das Ho Chi Minh Museum, eine Mischung aus Geschichte, Symbolik und Propaganda. Es ist eindrucksvoll, überraschend modern gestaltet – und vermittelt doch sehr deutlich die Verehrung, die Ho Chi Minh bis heute erfährt.

 

 

 

 

 

Ein weiterer Höhepunkt ist der Ngoc Son Tempel, der auf einer kleinen Insel im Hoan-Kiem-See liegt. Über eine rote Brücke spazieren wir hinüber und tauchen ein in das spirituelle Herz Hanois.

 

Und dann natürlich: das Old Quarter. Enge Straßen, Kabelgewirr, Mopeds, glühende Woks, Lichterketten, laute Stimmen. Und dazu Nachtmärkte, die sich kilometerweit ausbreiten – eine Mischung aus Chaos und Verführung.

 

Wir essen im berühmten Banh Mi 25, einem der Kultläden für das Banh Mi – das vietnamesische Sandwich: ein französisches Baguette, gefüllt mit Kräutern, eingelegtem Gemüse, Fleisch oder Tofu und typischerweise einer unverschämt leckeren Sauce.

 

Und immer wieder sind wir irritiert – im besten Sinne:
An jeder Straßenecke Propagandaplakate, Rote Fahnen mit Hammer und Sichel, Slogans über die Arbeiterklasse. Direkt daneben Rolex, Prada, Starbucks. Kommunismus und Kapitalismus – Hand in Hand, ohne sich im Weg zu stehen.

 

Vietnam lebt in einem Paradox, das erstaunlich gut funktioniert.

Und wir lieben genau das:
Die Energie dieser Stadt, das geordnete Chaos, die Widersprüchlichkeit.

 

Ninh Binh – Das trockene Ha Long und eines der schönsten Kapitel unserer Reise

Die Tage vergehen. Regen. Spaziergänge. Gammeltage in unserer feudalen Wohnung. Bummeln durch die Royal City Mall. Mehr Regen.

Wir genießen die Pause – und bleiben. Vier Tage werden zu zehn.

Doch dann raffen wir uns hoch und fällen eine Entscheidung:
Wir lassen die Halong Bucht aus und auch Sapa und den gebirgigen Norden. Stattdessen reisen wir nach Ninh Binh, das „trockene Halong“.
Und das ist vielleicht die beste Entscheidung dieser Reise.

Ein privater Fahrer holt uns ab und bringt uns durch das flache, ländliche Nordvietnam. Als die ersten Karstberge am Horizont auftauchen, wissen wir: Das ist der richtige Ort.

Unsere ersten vier Nächte verbringen wir in einem kleinen Homestay zwischen Reisfeldern, mit Lotusblüten übersäten Seen und den majestätischen Felsen. Wir leihen Fahrräder aus und erkunden die Landschaft auf schmalen Wegen, vorbei an Wasserbüffeln, Bauern mit Reishüten und spiegelglatten Flüssen.

 

Thung Nham Ecopark – Vietnams Natur in ihrer friedlichsten Form

 

Mit dem Fahrrad fahren wir zum Thung Nham Ecopark. Dort erwartet uns eine überraschend vielseitige Landschaft: stille Seen voll Spiegelungen, Höhlen voller Tropfsteinformationen, botanische Gärten, kleine Tempel, üppiges Grün und vor allem: Vögel.

Eine riesige Kolonie von Reihern und Störchen versammelt sich im goldenen Nachmittagslicht – ein Naturschauspiel, das uns minutenlang sprachlos macht.

Es ist einer dieser Orte, die man eigentlich nicht wieder verlassen möchte.

 

Bich-Dong-Pagode - Der Tempel im Fels

An einem anderen Tag fahren wir mit dem Fahrrad zur Bich-Dong-Pagode, nur wenige Minuten von unserem Homestay entfernt. Sie gehört zu den Orten, die man nicht spektakulär nennen kann – und die doch tief im Herzen bleiben. Schon der Weg dorthin wirkt wie aus einem alten Gemälde: ein schmaler Steindamm führt über einen stillen Lotussee, in dem sich die Karstfelsen spiegeln. Je nach Tageszeit liegt feiner Nebel über dem Wasser, und alles wirkt, als würde die Landschaft den Atem anhalten.

 

Die Pagode selbst besteht aus drei Teilen – einer unteren, einer mittleren und einer oberen Tempelanlage –, die sich terrassenartig den Felsen hinaufziehen. Jeder Abschnitt ist nur über schmale, steile Steinstufen erreichbar.

Besonders beeindruckend ist der mittlere Tempel, der direkt in eine Höhle hineingebaut wurde. Wenn man die Schwelle übertritt, verändert sich die Luft schlagartig: kühl, still, nach Räucherstäbchen duftend. Goldene Buddhafiguren leuchten im Halbdunkel.

Noch etwas weiter oben erreicht man schließlich die Oberste Pagode. Von hier eröffnet sich ein Blick über die gesamte Landschaft – über Reisfelder, Wasserwege und die charakteristischen Zuckerhutberge, die sich scheinbar endlos aneinanderreihen.

Da es soviel in der Gegend zu sehen gibt und da das Wetter in Zentralvietnam die Weiterreise immer noch nicht zulässt, beschließen wir zwar die Unterkunft zu wechseln, aber in der Region zu bleiben. Also verlassen wir unser idyllisches Homestay mit der netten Gastgeberfamilie und ziehen nach Hang Mua.

 

Hang Mua – 500 Stufen zum Himmel

Von unserem neuen Homestay in Hang Mua aus ist es nur ein kurzer Weg zum berühmten Aussichtspunkt auf dem Drachenfelsen. Die 500 steilen Stufen hinauf zur Drachenfigur aus Stein sind schweißtreibend, aber der Blick über die Gegend von Tam Coc ist spektakulär: ein Meer aus Grün, Karstfelsen, Flüssen und Booten, die wie Spielzeug durch die Landschaft gleiten.

Trang An – Märchenwelt aus Wasser, Fels und Stille

Auch die Trang-An-Bootstour ist ein Erlebnis, das uns alle nachhaltig beeindruckt. Eine resolute Frau rudert unser Boot drei Stunden lang durch klare Wasserarme, die von steilen Karstfelsen eingerahmt werden.

Wir passieren Höhlen – einige kilometerlang und so niedrig, dass wir die Köpfe einziehen müssen –, entdecken Lotusteiche und Tempel, die nur vom Wasser aus zugänglich sind.

Zum Glück sind wir früh zu dieser Tour gestartet, also vor den Busladungen von Touristen, die am Nachmittag hier einfallen. Es ist still. Ehrfürchtig. Einer der Orte, an denen man unwillkürlich langsamer atmet.

 

Bai Dinh Pagode – Spiritualität in monumentaler Form

Die Bai-Dinh-Pagode ist nicht einfach nur ein Tempel. Sie ist ein ganzes Königreich spiritueller Architektur – monumental, weitläufig und beinahe überwältigend in ihrer Größe. Sie gilt als die größte buddhistische Tempelanlage Vietnams, und tatsächlich versteht man das erst, wenn man den ersten Innenhof betritt und den Blick über die unendliche Weite aus Gebäuden, Statuen und Stelen schweifen lässt. Schnell realisieren wir, dass die Eintrittsgebühren in Höhe von 100.000 Dong / Person gut angelegt sind.

Der Besuch beginnt mit einer Fahrt im Elektrobuggy vom Eingang zur eigentlichen Anlage – ein erster Hinweis darauf, welche Dimensionen uns erwarten. Über weit ausladende Treppenanlagen gelangt man zu den verschiedenen Hallen, die sich wie eine Perlenkette den Hang hinaufziehen. Jede Halle ist dem Buddha in einer anderen Gestalt gewidmet, jede ist kunstvoll aus Holz, Gold und Stein gestaltet, und überall duftet es nach Räucherstäbchen.

Am beeindruckendsten ist vielleicht der Korridor der Arhat-Statuen, der sich mehrere hundert Meter den Hang entlangzieht. Hunderte lebensgroße Figuren – jede einzelne mit einem anderen Gesichtsausdruck, einer anderen Haltung, einer anderen Ausstrahlung – säumen den Weg. Aus Stein gehauen, wirken sie so lebendig, als könnten sie im nächsten Moment zu sprechen beginnen.

Ganz oben im Hauptheiligtum wacht eine gigantische vergoldete Bronzestatue des Buddha über die gesamte Anlage, über 10 Meter hoch, ruhig, stoisch, erhaben. Die Hallen, die sie beherbergen, wirken wie Kathedralen des Buddhismus – hoch, goldglänzend, voller Opfergaben, Kerzenschein und tiefen Glockentönen.

 

Noch höher thront schließlich die Stupa, von deren Spitze man über die weite Ninh-Binh-Ebene, die Kalksteinfelsen und die Tempeldächer blickt. Wir sparen uns den Aufstieg, machen aber mit unserer Drohne ein paar Luftaufnahmen dieses spektakulären Orts.

Trotz ihrer Monumentalität strahlt die Bai-Dinh-Pagode Ruhe aus. Man spürt, wie wichtig Religion in Vietnam ist – nicht als Pflicht, sondern als gelebter Alltag. In jeder Halle knien Menschen, legen Blumen nieder, murmeln Gebete. Und während wir durch die Anlage laufen, können wir nicht anders, als diesen Ort ehrfürchtig und still zu erleben – als würde man zugleich durch ein Museum, ein Heiligtum und ein Stück nationale Identität wandern.

Der Tag verfliegt an diesem Ort, wir bleiben bis es dämmrig wird und die Gebäude beleuchtet werden. Tief beeindruckt von diesem Ort nehmen wir Abschied von der Region Ninh Binh.

 

Weiter Richtung Süden – im Sleeper Bus

Nach unserem verlängerten Aufenthalt in der Region packen wir unsere Sachen. Die Taifunsaison ist jetzt wirklich vorbei, und die Weiterreise ist wieder sicher. Also geht es für uns weiter nach Süden – dieses Mal mit einem Sleeper Bus.

Diese Busse sind ein beliebtes Verkehrsmittel in Vietnam: man reist in separaten Schlafkabinen, die zweistöckig übereinander angeordnet sind: Die Schuhe werden vor dem Besteigen des Busses ausgezogen. Drinnen mutet alles an wie in einem futuristischen Raumschiff. Jede Kabine verfügt über Steckdosen, USB-Anschlüsse, einen Bildschirm und nicht zuletzt: eine Massagefunktio! Wir sind überrascht, wie bequem und komfortabel es ist. Wir haben vier Doppelkabinen gebucht, damit wir alle während der zehnstündigen Nachtfahrt genügend Platz haben.

Unser Ziel: Hue.
Die alte Kaiserstadt, die in den letzten Wochen dreimal überschwemmt war. Auch in den kommenden Tagen wird noch Regen in Hue erwartet. Wir sind gespannt, was das für uns bedeutet...

Eines ist sicher: Diese Reise wird nicht langweilig.
Und schon gar nicht vorhersehbar.